Sonntag, 12. April 2015

Wie fair(trade) ist regional?

Mal ein Thema bei dem ich vielleicht etwas quer stehe zu meinen Grünen. Allerdings nicht nur zu denen, in Bremen propagieren auch CDUler den verstärkten Konsum regional erzeugter Lebensmittel. Regionale Produkte haben natürlich viele Vorteile: kurze Transportwege und entsprechend wenig CO2 Produktion, leicht überprüfbare Produktionsbedingungen (Mindestlohn, genormter Chemiegebrauch, etc.). Primär erstmal kein Tropenwaldverlust (bei Futtermitteln sieht es dann wieder anders aus). Bei saisonaler Verwendung kaum Lagerkosten. Oft sind diese Lebensmittel auch über Jahrhunderte für unsere Bedürfnisse 'angepasst', spannend finde ich traditionelle Nutzung von verschiedenen Getreidesorten und deren optimale Nutzung (Gerste für Bier, Roggen für dunkles Vollkorn und Weizen für helles ausgemahlenes Mehl z.B.).

Ich bin groß geworden mit Jahrzehnten des Boykottes verschiedener Produkte: kein Obst aus Südafrika oder Chile war schon automatisches Handeln im Supermarkt. Der Sinn war klar: es sollten 'Unrechtsregime' und die damit verbundenen Profiteure nicht unterstützt werden. Ich erinnere mich an die Zeit nach dem Ende von Pinochet, es war eine bewusste Anstrengung nun Trauben oder Wein aus Chile zu kaufen.

Da beginnt nun auch das Dilemma mit dem Vorzug von Regionalem. Die Ablehnung von importiertem Obst trifft nun wieder die Länder, die wir doch jetzt vielleicht unterstützen sollten?! Ich erinnere mich auch noch an große Kampagnen, z.B. in Kolumbien, die Bauern dazu bringen sollten Lebensmittel zu produzieren statt Drogen. Anfangs war das Kaffee in Kolumbien, wenn ich mich recht entsinne. Nun können die meisten kleinenBauern dort längst nicht mehr mithalten mit den modernen Anbaumethoden u.a. in Vietnam - und wir wollen unseren Kaffee doch billig, nicht wahr?

Ein anderer Punkt: "Fair" gehandelte Produkte! Über Jahre wurden fair gehandelte Produkte propagiert - besonders von denen die jetzt vielleicht gerade regionale Produkte fordern. Zum fairen Kaffee oder Tee gibts nun keine regionale Alternative (keine echte), aber der Katalog der fairen Produkte erweitert sich ja ständig - und da gibt es doch langsam Überschneidungen , bzw. Alternativen. Teils spricht man schon von 'ökofair', etwas verschämt vielleicht.

Anderer Gesichtspunkt: gilt das eigentlich nur für den Import? Die Argumente gelten doch ähnlich für die andere Richting. Also auch keine Exporte von Agrarprodukten? Deutschland exportiert in Mengen Milchprodukte oder Fleisch wie Hänchenteile. Davon hab ich bisher wenig gehört. Und wie ist das mit anderen Produkten, gelten die Argumente die gegen Agrarimporte sprechen nicht auch für Industrieprodukte? Im- wie Export? Nun wird es aber eng um den Hafenstandort.

Wie oft ist eine zunächst einfach und plausibel erscheinende Idee dann doch komplexer. Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Ich bin dafür, dass möglichst kurze Transportwege genutzt werden, ich bin aber auch für Chancengleichheit in unserer vernetzten, globalisierten Welt, besonders wenn dann auch noch fair gehandelt wird. Wir Verbraucher haben viel Macht, nutzen wir sie um die Nachhaltigkeit zu stärken, das kann auch mit dem Essen von fair gehandelten Biobananen aus Übersee geschehen.

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